Gebäudetyp-E-Gesetz: Neue Wege für effizientes und kostensparendes Bauen

Einführung: Was ist das Gebäudetyp-E-Gesetz
47 Steckdosen in einer Drei-Zimmer-Wohnung? Muss nicht sein, ist aber Standard. Technische Normen wie diese machen das Bauen in Deutschland teuer und kompliziert. Eine Folge: Es wird weniger gebaut als nötig, um den Mangel an Wohnraum in Deutschland zu beheben.
Das Anfang 2025 in Kraft getretene Gebäudetyp-E-Gesetz will dies nun ändern. Die Idee dazu hatten Architekten, die damit eine Schneise in die Regelungsflut des deutschen Baurechts schlagen wollen. Nach dem Gesetz gilt der Verzicht auf bestimmte Ausstattungsmerkmale, die nur dem Komfort dienen, nicht mehr automatisch als Sachmangel. Voraussetzung: Der Bauträger hat den privaten Bauherrn ausführlich über die Abweichungen vom allgemeingültigen Standard aufgeklärt und alles ist vertraglich vereinbart.
Was bedeutet „Gebäudetyp E“?
Gebäudetyp E, was ist das?
Gemeint ist damit kein spezieller Gebäudetyp, der sich in Bauweise und Gestaltung von anderen unterscheidet. Als Gebäudetyp E kann jedes Haus errichtet werden, gleich ob es ein Reihenhaus, eine Villa oder eine Gewerbeimmobilie ist. Das „E“ im Gesetzesnamen steht für einfach oder experimentell. Das Gebäudetyp-E-Gesetz gibt einen Rechtsrahmen für die Vertragspartner eines Bauvorhabens vor. Es ist nun einfacher möglich, bestimmte anerkannte Regeln der Technik (aRdT) über Bord zu werfen, ohne dass dies vor Gericht als Sachmangel gewertet wird. Voraussetzung ist, dass beide Parteien das vertraglich vereinbaren.
Was sind anerkannte Regeln der Technik (aRdT)?
Darunter fallen alle Regeln, die Experten des Baugewerbes als geeignet, angemessen und notwendig erachten, um gut und fehlerfrei zu bauen. Gerichte haben es bisher häufig als Sachmangel bewertet, wenn Bauunternehmer eine aRdT nicht eingehalten haben. Das hat dazu geführt, dass beim Bauen sozusagen der Goldstandard gilt, auch wenn die maximalen Anforderungen und Standards nicht nötig sind. Auf Komfortstandards kann künftig einfacher verzichtet werden. Die sicherheitsrelevanten Normen, beispielsweise den Brandschutz und die Statik betreffend, bleiben davon unberührt.
Auswirkungen auf Heizungsanlagen
24 Grad Celsius in Badezimmern? So mollig warm hat man’s gern! Beim Hausbau gilt es daher als anerkannte Regel der Technik (aRdT), diese Normtemperatur zu erreichen. Das Ganze hat jedoch einen Haken: Eine Fußbodenheizung, wie sie heute in Neubauten Standard ist, schafft das meist nicht allein. Denn oft ist die Bodenfläche des Bads im Verhältnis zum Raumvolumen zu klein. Wenn diese aRdT also erfüllt werden soll, muss ein zusätzlicher Heizkörper her. Genügen dem Häuslebauer dagegen 20 Grad im Bad, wird’s billiger. Die Kosten für Einbau und Betrieb des zusätzlichen Heizkörpers fallen weg, weil die Fußbodenheizung diese Temperatur locker schafft.
Aber nicht überall lässt sich sparen. Energetische Mindestanforderungen – Stichwort Niedrigenergiehaus – wie sie seit 2009 etwa in der Energiesparverordnung (EnEV) gesetzlich verankert sind, gelten weiterhin. Sie werden zudem fortwährend strenger ausgelegt. Im neuen Gebäudeenergiegesetz wurde beispielsweise der Niedrigstenergiehaus-Standard eingeführt. Danach liegt der maximal zulässige Jahresenergiebedarf eines Neubaus bei 40 kWh/m². Das hat Auswirkung auf Dämmung, Verglasung und andere energetische Stellschrauben, die Gebäudehülle betreffend.
PROGAS

PROGAS

Außerdem sieht das Gesetz einen schrittweisen Verzicht fossiler Brennstoffe beim Heizen im Bestand vor. Für Neubauten in Neubaugebieten bedeutet dies: Einbau einer Heizung, die mit mindestens 65 Prozent regenerativer Energie wie Umweltwärme (Wärmepumpe), Holzpellets, Sonnenenergie oder Bio-Flüssiggas arbeitet. Das kann mit einer hybriden Heizlösung, etwa der Kombination aus Gas-Brennwerttherme und Wärmepumpe, erreicht werden. In der Regel setzen Bauherren von Einfamilienhäusern hier oft allein auf die Wärmepumpe.
Bei der Modernisierung eines Bestandsgebäudes kann eine hybride Lösung hingegen sinnvoll sein, weil dann unter anderem die Investition in eine Fußbodenheizung entfällt. Die Kombination aus moderner Gas-Brennwerttherme und Wärmepumpe ist auch hier eine praktikable Lösung für mehr regenerative Energie beim Heizen. Auch für Immobilien ohne Anschluss ans Erdgasnetz ist diese Kombi übrigens möglich. Die Lösung heißt dann Flüssiggas – ein flexibler, weil leitungsungebundener und lagerfähiger Energieträger.
Bio-Flüssiggas ist als regenerativer Energieträger auch im Heizungsgesetz anerkannt, daher kann auch mit ihm die 65-Prozent-Anforderung erfüllt werden. Wir beraten Sie gerne kostenlos und unverbindlich.
Weitere bauliche Vorgaben und deren Anpassungen
Neben der Badezimmertemperatur, die heute standardmäßig bei 24 Grad Celsius in Neubauten liegt, gibt es weitere bauliche Vorgaben, die nur dem Komfort dienen und daher, wenn gewünscht, vereinfacht werden können.
Beispiel Massive Geschossdecke
Ihre Dicke beträgt heute standardmäßig 18 Zentimeter. Das hat nicht nur mit statischen Anforderungen zu tun, sondern auch mit dem Schallschutz. Reduziert man die Dicke auf 14 cm, lassen sich Material, Bauzeit und Kosten einsparen. Jedoch hat dies unter Umständen Auswirkungen auf den Schallschutz.
Beispiel Holzbau Geschossdecke:
Um ein günstigeres Schwingungsverhalten der Holzbaudecke zu erreichen, wird Estrich aufgetragen. Ohne Estrichschicht wird’s billiger, jedoch kann dann das Schwingungsverhalten der Decke nicht bewertet werden.
Beispiel Steckdosen:
Eine Norm schreibt vor, dass in einer Drei-Zimmer-Wohnung 47 Steckdosen verbaut sein müssen. Diese Zahl lässt sich durch kluge Planung reduzieren. Komfortstandards wie die Mindestanzahl der Steckdosen, der Trittschallschutz oder die Badezimmertemperatur können nach dem Gebäudetyp-E-Gesetz herabgesetzt werden, um Baukosten zu sparen. Alle technischen Regeln, die die Sicherheit eines Gebäudes betreffen, jedoch nicht. Regeln für maximalen Brandschutz und die Statik dürfen keinesfalls über Bord geworfen werden. Dafür erleichtert das Gesetz den Einsatz innovativer Materialen und Bauweisen, indem es Genehmigungsverfahren hierfür vereinfacht.
H. Serhii/Shutterstock.com

H. Serhii/Shutterstock.com

Rechtliche Rahmenbedingungen und Umsetzung
Die Vorschriften und Regeln im deutschen Baurecht sind komplex. Privatleute, die vom Eigenheim träumen, blicken da oft nicht durch. Bevor Planer und Bauunternehmer die aRdT also aufweichen, um die Baukosten zu verringern, müssen Sie private Bauherren umfassend aufklären. Welche Konsequenzen hat zum Beispiel eine dünnere Geschossdecke auf den Schallschutz auch im Hinblick auf den Wiederverkaufswert einer Immobilie?
Beide Vertragspartner regeln dann in einer sogenannten Beschaffenheitsvereinbarung, welche aRdT abgeändert werden sollen. Das schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Nur mit einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung gelten Abweichungen von den aRdT vor Gericht nicht als Sachmangel. Das hat auch Auswirkungen auf mögliche Haftungsfragen.
TIMDAVIDCOLLECTION/Shutterstock.com

TIMDAVIDCOLLECTION/Shutterstock.com

Vorteile des Gebäudetyp-E-Gesetzes
Es klingt logisch: Durch den Verzicht auf nicht zwingend nötige Standards wird das Bauen günstiger. Experten des Bundesjustizministeriums beziffern die dadurch erreichten Einsparungen auf bis zu zehn Prozent der Baukosten. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Hausbau möglicherweise schneller vorankommt. Architekten freuen sich, weil der Einsatz innovativer Bauweisen und Materialien nach dem Gesetz vereinfacht wird und sie so mehr gestalterische Freiheit bekommen.
Herausforderungen und Kritikpunkte
Experten äußern aber auch Kritik am Gebäudetyp-E-Gesetz. Zum Beispiel diese: Privatleute können oftmals die Konsequenzen nicht überblicken, die der Verzicht auf bestimmte Standards mit sich bringt. Ein verringerter Trittschallschutz beispielsweise lässt sich später häufig nicht mehr oder nur unter hohen Kosten nachbessern.
Darum ist eine umfassende Aufklärung durch den Architekten so wichtig. Das macht die Projektplanung aber oft schwieriger. Experten vermuten zudem, dass die Kostenersparnisse, die durch das Gesetz möglich sind, im privaten Hausbau verpuffen. Denn private Bauherren möchten häufig nicht auf Komfortstandards wie ein mollig warmes Badezimmer verzichten.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Vertragspartner alle Abweichungen von der Norm schriftlich festhalten. Wie das gehen kann, erklärt eine Leitlinie des Bundesbauministeriums. Anhand von Praxisbeispielen erklärt sie, worauf bei der vertraglichen Ausgestaltung des Bauvorhabens zu achten ist.
Das könnte Sie auch interessieren
Hello my names is james,I'm photographer./iStock.com

Erdgas vs. Flüssiggas
Was ist was? Wir erklären den Unterschied der beiden Energieträger.
gopixa/iStock.com

Energieausweis: Alles, was Sie wissen müssen
Ein Energieausweis weist aus, wie energieeffizient Ihr Haus ist. Erfahren Sie, wer ihn braucht, wie Sie ihn beantragen, welche Daten nötig sind und welche Kosten entstehen.
A-photographyy/shutterstock.com

10 Hausbau-Tipps – Die wichtigsten Themen für Bauherren
Die 10 wichtigsten Tipps für Ihren Hausbau. Darauf sollten Sie achten, um Kosten zu sparen!
MEIN PROGAS
PARTNER WERDEN
JETZT NEWSLETTER BESTELLEN