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Der Stoff, aus dem die Träume sind

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Homepage Ratgeber Gewerbe Geo-die-Luftwerker
Artikel veröffentlicht am 22.10.2021
Lesezeit: 5 Minuten
Mit Flüssiggas fing alles an: Die Firma geo – die Luftwerker aus Lübeck wurde mit Ballonfahrten groß und ist heute Spezialist für Luftfahrzeuge und für alles, was sich mit Stoff umhüllen lässt – selbst, wenn es ein Triumphbogen ist.

Dass er einmal selbst über den Dächern von Paris steht und im Regen gigantische Stoffbahnen miteinander vernäht, hätte sich Felix Dickenberger noch vor einigen Jahren nicht träumen lassen. Heute sind solche Einsätze für ihn durchaus im Bereich des Möglichen. Auch, wenn der Projektmanager des Lübecker Unternehmens geo – die Luftwerker normalerweise eher vom Schreibtisch aus agiert. Doch besondere Projekte erfordern besonderen Einsatz. So auch die Verhüllung des Arc de Triomphe, des knapp 50 Meter hohen Triumphbogens am Ende der Prachtstraße Champs-Élysées, Christos letztes Projekt, für das die Luftwerker den Stoff schneiderten und auch seine Montage organisierten.

Mitte September 2021 war das, als das lang gehegte Projekt endlich Realität wurde. Nistende Falken am Gebäude und Corona hatten den ursprünglich für Frühling 2020 geplanten Start der Kunstaktion verzögert. Die Tragik dabei: Künstler Christo, der die Verhüllung des Triumphbogens seit 1962 geplant hatte, starb im Mai 2020. So wurde „L’Arc de Triomphe, Wrapped“ zu einer posthumen Hommage an einen Ausnahmekünstler, der die Lübecker Stoffspezialisten für seine spektakulären Ideen nicht zum ersten Mal mit ins Boot geholt hatte.

Alles begann im Ruhrgebiet.

Felix Dickenberger

Kontakt zu Christo über Projekt im Ruhrgebiet

„Alles begann im Ruhrgebiet“, erinnert sich Felix Dickenberger. „2010 hatten wir für eine Ausstellung im Gasometer Oberhausen einen riesigen Mond mit 25 Metern Durchmesser angefertigt. Kurator war Wolfgang Volz – und der war glücklicherweise viele Jahrzehnte lang Fotograf von Christo.“ Volz brachte den Künstler mit den Luftwerkern zusammen – und die realisierten mit ihm das „Big Air Package“, das 2013 im Gasometer zu sehen war: eine mehr als 90 Meter hohe, aufblasbare Skulptur made in Lübeck, wo vorher monatelang die Nähmaschinen ratterten. Christo war zufrieden – denn 2016 eröffnete er sein zweites von den Luftwerkern ermöglichtes Projekt. Die „Floating Piers“, schwimmende Stege auf dem italienischen Iseosee, deren gelber Stoff ebenfalls in Lübeck in Form gebracht wurde. Für den Triumphbogen füllten dann zum dritten Mal endlose Stoffbahnen im Auftrag von Christo die unscheinbare Firmenhalle in einem Gewerbegebiet der Hansestadt.

geo – die Luftwerker

Eine Rolle Stoff wird in der Halle von geo – die Luftwerker ausgerollt

In großen Rollen kam der Stoff für den Arc de Triomphe bei geo – die Luftwerker an. 

geo – die Luftwerker

Stoff wird in der Halle von geo – die Luftwerker ausgerollt

Er beanspruchte viel Platz in der Firmenhalle in Lübeck.

geo – die Luftwerker

Näherinnen verarbeiten Stoff bei geo – die Luftwerker

Es brauchte mehrere Näherinnen, um die sperrigen Stoffbahnen zum Nähen bereitzulegen.

geo – die Luftwerker

Stoff unter der Nadel einer Nähmaschine bei geo – die Luftwerker

Seine silberne Farbe verdankt der Stoff einer Aluminiumbeschichtung.

geo – die Luftwerker

Stoff wird am Arc de triomphe in Paris ausgerollt

Fassadenkletterer rollten den Stoff in Paris von oben am Triumphbogen ab. 

geo – die Luftwerker

Team von geo – die Luftwerker am Arc de triomphe in Paris

Ein Team von geo – die Luftwerker um Chef Robert Meyknecht (Mitte) und Felix Dickenberger (rechts) begleitete die Installation vor Ort. 

„Den Stoff hat ein Hersteller aus dem Münsterland geliefert, er kam auf großen Rollen per Lkw zu uns“, blickt Felix Dickenberger zurück. Abrollen, zuschneiden, zusammenlegen, zusammennähen – pro Nähmaschine waren drei Angestellte im Einsatz. Besondere Herausforderung: das hohe Gewicht des silbrig-blau glänzenden Stoffs, 600 Gramm pro Quadratmeter. „Das ging unseren Näherinnen ganz schön auf die Unterarme“, sagt Dickenberger. Abermals per Lkw reiste der fertige Stoff dann im Herbst nach Paris. Die Luftwerker koordinierten vor Ort – wie bei ihren Großprojekten üblich – den kompletten Aufbau, für den französische Fassadenkletterer im Einsatz waren.

Flüssiggas für Heißluftballons verwendet

Gleich neben der großen Halle, in der die Luftwerker Stoff zusammennähen oder auch mal zusammenschweißen, liegt eine zweite Halle. Hier ist das Unternehmen noch nah an seinen Wurzeln, denn mit Heißluftballonfahrten fing alles an und sie sind auch heute noch ein Geschäftsfeld. Und hier kommt nun Flüssiggas ins Spiel. Denn damit ein Ballon samt Korb in die Höhe steigt, müssen große Brenner die darin befindliche Luft erwärmen. Als Energievorrat dienen große Flaschen mit Propangas. Rund 160 Liter pro Fahrt gehen drauf. Vor jedem Start steuern die Piloten von geo – die Luftwerker daher den großen Flüssiggastank auf dem Hof an und machen wiederbefüllbare Flaschen voll.

geo – die Luftwerker

Heißluftballon von geo – die Luftwerker

geo – die Luftwerker

Heißluftballon von geo – die Luftwerker

Auf den Ballonfahrten von geo – die Luftwerker treibt Flüssiggas die Brenner an, die die Luft erhitzen.

Während der Ballonfahrsaison vom Frühjahr bis in den Herbst bestellt das Unternehmen etwa alle anderthalb Monate neues Gas bei Versorger PROGAS. Dann rollt ein Tanklastwagen an und füllt den großen Tank. „Seit Gründung unseres Unternehmens 1996 sind wir Kunde bei PROGAS und fühlen uns immer bestens betreut“, so Dickenberger. Im Winter, wenn die Ballone wetterbedingt am Boden bleiben müssen, stehen Wartungsarbeiten, Prüfungen und Reparaturen an. So wird das Handling der Heißluftballons zum Ganzjahresgeschäft. Oder besser gesagt: das Handling der Luftfahrzeuge, denn auch Luftschiffe sind unter Regie der Luftwerker unterwegs. Diese besitzen eine dünne Hülle wie ein Ballon und sind genau wie sie mit Heißluft gefüllt – anders als Zeppeline mit fester Hülle. Hier sorgt meist Propan direkt für den Auftrieb, statt nur als Energielieferant für die Heißlufterzeugung zu dienen. Im Gegensatz zu Ballons sind Luftschiffe steuerbar. Hersteller der Ballonhüllen, von Körben und Technik ist ein englisches Unternehmen, für die die Lübecker Vertriebspartner sind.

Exponat für „Das zerbrechliche Paradies“ in Oberhausen

Selbst an die Nähmaschinen geht das Team demnächst wieder in einem anderen wichtigen Geschäftsbereich. Nicht ganz so gigantisch wie bei Christos Projekten und dennoch nicht weniger beeindruckend sind große Eventschirme, die bei Festivals und anderen Veranstaltungen Zuschauern Schatten und Regenschutz spenden sowie Messebauten, bei denen Stoff eine zentrale Rolle spielt. „Hier war während der Corona-Zeit natürlich weniger los – umso mehr freuen wir uns aufs kommende Jahr“, sagt Felix Dickenberger.

Endlich wieder mehr Events und auch neue Ausstellungen, in denen es, ganz wie man es von den Luftwerkern erwartet, auch wieder spektakulär wird. Im Gasometer in Oberhausen ist nun zum fünften Mal eine in Lübeck entstandene Stoffskulptur zu sehen – in der neuen Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ zur Klimageschichte des Planeten. Klar, dass die Erde die zentrale Rolle einnimmt, auch rein optisch. Eine Stoffkugel mit 20 Metern Durchmesser hängt in dem ehemaligen Gasspeicher. Sie dient als riesige Projektionsfläche, auf der die Entwicklung der Erdoberfläche während vielen Millionen von Jahren zu sehen ist. Wie viele Menschen auf dem Erdball nicht zuletzt auch wegen Christos Projekten wohl schon Stoff aus Lübeck gesehen haben, ohne zu wissen, woher er kommt? Auch ihre Zahl dürfte in die Millionen gehen.

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